„Perplexity“: Neue KI-Funktion sorgt für Furore und Bedenken
Eine neue Funktion bei der Künstlichen Intelligenz von Perplexity betört und verstört zugleich seit Kurzem Journalistinnen und Journalisten.
In Perplexity ist es seit vergangenem Donnerstag möglich, eigene Seiten einzurichten. „Kuratiert von marcusschwarze“, steht dann darüber. Doch in Wahrheit unternimmt Perplexity die Zusammenstellung. Zu einem beliebigen Thema schnappt sich die Maschine öffentlich zugängliche Informationen. Ich habe es mit den Nachwirkungen auf das Rassismus-Video von Sylt ausprobiert. Innerhalb von Sekunden hat die KI nahezu alles zusammengetragen, was man dazu wissen muss; die Reaktionen aus der Politik, Auswirkungen auf Betroffene (wobei die Maschine die diskriminierten Personen meint, nicht die im Video sichtbaren Grölheinis), die Rolle der sozialen Medien und die Konsequenzen für die Partygäste. Illustriert wird das Thema mit einem Screenshot eines YouTube-Videos des NDR.
Wer sich als Redaktion ernsthaft mit dem Thema befasst, hat so ohne Weiteres die nötigen Informationen. Immerhin verlinkt Perplexity auf dieser Seite die jeweils genutzten Quellen, von „Süddeutscher Zeitung“ bis Tagesschau. Dass hierbei auch die „Junge Freiheit“ als Sprachrohr der „Neuen Rechten“ vorkommt, zeigt die Unbedarftheit der KI.
Auch an anderer Stelle macht Perplexity Bedenkliches. In einer kuratierten Seite über mein Lieblingsthema KI zitiert sie aus einem Text, der eigentlich hinter der Bezahlschranke des Mediums steht. Wo menschliche Leser zum Abschluss eines Abos aufgefordert werden, holt sich die KI den Inhalt aus dem Quelltext der Seite. Vermutlich werden einige Betreiber von Content-Management-Systemen ihre Bezahlschranken umprogrammieren müssen, damit sie die Inhalte nicht im Quelltext preisgeben.
Verstörend ist die Leichtigkeit, mit der die Maschine die Themen abarbeitet. In einer Rubrik „Entdecken“ zeigt Perplexity die wichtigsten Themen der vergangenen Tage: den Sieg von Real Madrid in der Champions League, einen neuen Streamingdienst für KI-Inhalte, den Startabbruch einer Nasa-Rakete. Das sind Themen, die ein „Perplexity-Team“ eingestellt hat. Wer will, stellt sich auf gleiche Weise die Top-Kochbücher für 2024 zusammen oder die Top Zehn der YouTuber.
Das ist alles nur geklaut, was die KI hier als „eigene“ Inhalte auswirft. Der eine und die andere wird eventuell als verlinkte Quelle einige Klicks abbekommen, doch dürfte vielen die handliche Übersicht reichen.
Wie Journalismus mittelfristig zu finanzieren ist, bleibt unklar. Die aufwendige Recherche einer klassischen Redaktion wird die KI wahrscheinlich weiterhin nicht ersetzen. An dieser Nachrichtenaufbereitung verdient zurzeit nur Perplexity: Der Pro-Dienst kostet 20 Dollar im Monat. Dahinter stehen als Investoren unter anderem Jeff Bezos, der Gründer von Amazon, und Nvidia, der Hersteller von Grafikkarten für PCs. Freilich hat Perplexity auch Kosten durch solche Seiten und die Aufbereitung der Texte durch KI-Maschinen. Zum Einsatz kommen wahlweise ein eigenes Perplexity-Modell oder die KI-Dienste GPT-4o oder GPT-4 Turbo von OpenAI sowie Claude 3 von Anthropics.
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