Renaissance alter Bilder: Was KI kann und nicht darf

Renaissance alter Bilder: Was KI kann und nicht darf
Illustration: KI-generiert/Midjourney/Schwarze. Prompt: A stunning, Renaissance - style portrait of chancellor Angela Merkel dressed as a Shakespearean character, complete with ruffled collar and a velvet cape. Use a Canon EOS R3 camera with an 85mm f/ 1. 2 prime lens, set at f/ 1. 8 for a shallow depth of field, focusing on his (sic!) eyes. Lighting should consist of a large softbox on the left side, mimicking the chiaroscuro technique, and a subtle fill light on the right to highlight details. Capture the image in RAW format to ensure the highest quality --v 5 --q 2

Kürzlich fragte ein Kollege während eines Workshops, ob man das künstlich erzeugte Bild von Ex-Kanzlerin Merkel im Renaissance-Stil drucken könne. Ich hatte es mit Hilfe der Bilder-KI Midjourney generiert, aber die Auflösung betrug nur 1024 × 1024 Pixel bei 72 ppi (Pixel pro Inch). Das reicht nicht für den Druck aus, es sei denn, man möchte es in Briefmarkengröße ausdrucken. Bei einer größeren Darstellung würde das Bild pixelig aussehen.

Es gibt eine Webseite namens „There’s an AI for that“, auf der rund 6.500 künstliche Intelligenzen für 1.800 Aufgaben aufgelistet sind. Um eine qualitative Auswahl aus der Vielzahl der Maschinen zu treffen, empfiehlt es sich, nach der Kategorie „Most saved“ zu sortieren. Diese Zahl gibt an, wie viele Menschen die jeweilige KI abgespeichert haben. Für das Skalieren von Bildern werden unter anderem Dienste wie „Upscayl“, „RestorePhotos“ oder „ImageUpscalerAI“ genannt.

Also habe ich es ausprobiert und bin bei Clipdrop.co gelandet. Dort kann man Bilder für 9 Euro im Monat auf die doppelte, vierfache, achtfache oder 16fache Größe skalieren lassen.

Erfundene Details

Dabei wird das Bild nicht einfach nur vergrößert, wie es in Photoshop üblich wäre. Die Maschine erfindet zusätzliche Details: zusätzliche Hautfalten in passender Umgebung, weitere Haare und Strähnen auf dem Kopf, und aus pixeligen Rundungen wie der Iris im Auge werden weichgezeichnete Partien.

(Im Newsletter ist besonders auf dem Handy die Darstellung unten kaum unterscheidbar, eine größere Darstellung gibt es auf der Webseitenversion.)

Links das – nun ja – Original, rechts die skalierte Version nach der Bearbeitung durch Clipdrop. (Illustrationen: KI-generiert/Midjourney/Clipdrop/Schwarze)

Das funktioniert auch mit echten Fotos. Ein fast zehn Jahre altes Bild auf meiner Facebook-Seite zeigt Journalistinnen und Journalisten bei einem Besuch bei einem Startup in San Francisco – beengt im Raum, fleißig notierend und auch zweifelnd, im Mittelpunkt ein kleines schillerndes Notebook auf dem Fußboden. Leider liegt das Bild nur in der damals von Facebook heruntergerechneten Auflösung von 2031 × 720 Pixeln vor. (In meiner Fotosammlung bei Apples Software „Fotos“ ist ausgerechnet dieses Bild mit einer Fehlermeldung versehen.)

Auch dieses Bild skaliert Clipdrop in guter Qualität – aus 204 Kilobyte werden 4 Megabyte.

Journalistinnen und Journalisten 2014 bei einem Startup in San Francisco. (Foto: Schwarze)
Die KI hat bei der Vergrößerung pixelig dargestellte Partien geglättet und neue Pixel hinzugedichtet. Foto oben (Ausschnitt): Schwarze. Illustration unten: KI-generiert/Clipdrop/Schwarze.

(Im Newsletter ist besonders auf dem Handy die Darstellung oben kaum unterscheidbar, eine größere Darstellung gibt es auf der Webseitenversion.)

Bei genauerer Betrachtung werden Fachleute Fehler entdecken. Insbesondere die Augenpartien wirken an einigen Stellen wie gemalt.

Dafür ermöglichen solche Dienste nun den großformatigen Druck und eine Renaissance  eigener Lieblingsbilder.

Darf man das?

Die Frage bleibt, ob es dem journalistischen Ethos entspricht, solche skalierten Bilder im redaktionellen Alltag zu verwenden. Technisch gesehen kann man diese Bilder drucken, aber ob man das auch darf, ist eine andere Frage.

Denn solche „Fotos“ sind nicht mehr „wahrheitsgemäß“, wenn eine Maschine Hautfalten, Haare und andere Details hinzufügt. Und auch bei erfundenen Bildern wie der Renaissance-Malerei der früheren Bundeskanzlerin stellt sich die Frage nach dem Respekt vor der Privatsphäre. Ein früherer US-Präsident, der von der Maschine als kleiner Junge generiert wird, sorgt im Netz für kurze Lacher – aber die Darstellung ist vermutlich nicht „fair“. Ein Zusatz wie „KI-generiert/Midjourney/Schwarze“ lässt keinen Zweifel offen.

Illustration: KI-generiert/Midjourney/Schwarze. Prompt: Trump as a child —s 750.

Neben den Persönlichkeitsrechten der abgebildeten Personen müssen auch die Geschäftsbedingungen der Maschinenanbieter geprüft werden. Midjourney erlaubt zum Beispiel (eingeschränkt) die kommerzielle Nutzung seines Dienstes, vorausgesetzt, man bezahlt dafür. Allerdings dürfen dann auch andere Nutzer diese Bilder verwenden, zum Beispiel für einen „Remix“.

Mit geschütztem Material trainiert

Hinzu kommt, dass das Bild von Merkel auf Aufnahmen basiert, die von professionellen Fotografinnen und Fotografen gemacht wurden, ohne dass sie für ihre Arbeit und die Nutzungsrechte an den Aufnahmen entlohnt wurden. In den USA läuft eine Sammelklage gegen Bilder-KIs, weil der Verdacht besteht, dass die künstlichen Intelligenzen mit urheberrechtlich geschütztem Material trainiert wurden.

Das Unternehmen Adobe geht daher einen anderen Weg: Für das Training der KI des Photoshop-Herstellers wurden ausschließlich lizenzierte Fotos verwendet. Allerdings ist zumindest nach den aktuellen Geschäftsbedingungen der Beta-Phase der KI wiederum keine kommerzielle Nutzung erlaubt. Die KI-generierten Bilder sind nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt.

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Marcus Schwarze

Marcus Schwarze

Journalist und Berater Digitales. Angelernt, nie ausgelernt bei Behörden, F.A.Z., Reporterfabrik, EA RLP, StoryMachine, Morgenpost, Rhein-Zeitung, HAZ
Koblenz, Germany