Wenn Du nur eine Nachricht am Tag bekommen möchtest

Wenn Du nur eine Nachricht am Tag bekommen möchtest

Ungefähr einmal am Tag meldet sich der Dienst mit einer E-Mail. Der Inhalt umfasst meist nur eine einzige Nachricht: die „wichtigste“ des Tages. Seltener geraten so auch mal zwei oder drei News in der Mailbox.

Heute war das der Ausgang der Wahlen in der Türkei samt Link zu einem Reuters-Text. Gestern ein Treffen der G 7 in Japan. Am Freitag das Ende von Corona-bedingten Beschränkungen in den USA.

Dazu schreibt der „Minimalist“, wie viele „Top News“ seine künstliche Intelligenz dafür ausgewertet hat. Es sind regelmäßig mehr als 1000. Und eine Grafik zeigt, ab welchem einstellbaren Grad der „Signifikanz“ eine kurz zusammengefasste News verlinkt wird. Fallen alle überprüften News unter einen einstellbaren Schwellwert, schickt der Dienst auch schon mal eine News: Es ist nichts Wichtiges passiert.

(Inzwischen hat er diese Nichtnachricht abgestellt – nach einer Umfrage unter den Nutzern.)

Nun beurteilt jeder anders, welche Nachricht wichtig ist. In Deutschland wäre es vielleicht an diesem Sonntag der abgewendete Bahnstreik, die Verdopplung der Hilfen für die Ukraine anlässlich des Besuchs von Präsident Selenskyj oder der letzte Platz mittelbegabter Sänger beim Eurovision Song Contest. In Koblenz vermutlich ein vorbeischipperndes verrostetes Kriegsgerät am Deutschen Eck.

Und schon programmiert Minimalist Yakhin einstellbare Rubriken nach Art der Ressorts von Zeitungen. Er überlegt, fremdsprachliche Newsletter zu ermöglichen. Und feilt an einem Bezahlmodell für solche neuen Funktionen.

Vorgestern gewann er seinen ersten zahlbereiten Abonnenten.

Man stelle sich den Dienst weiterentwickelt vor: Er lernt anhand angenommener Klicks über die Zeit, welche Themen weiter gut ankommen. Er lernt nach dem Amazon-Prinzip: Kunden, die diese Artikel klickten, klickten auch den folgenden. Und er lernt, einmal aufs persönliche Postfach losgelassen, welche „Nachrichten“ noch so interessieren. Etwa wenn im angeklickten Aldi-Newsletter ein Elektrofahrrad angeboten wurde und die Mail in den Ordner „Wichtig“ verschoben wurde.

News und Werbeanzeigen dürften sich massiv verändern. Und Vadim Yakhin, der gewiss nicht der erste mit der Idee personalisierter Nachrichten ist (wir testeten das bei der „Rhein-Zeitung“ vor sechs oder sieben Jahren), sollte man im Auge behalten.

Marcus Schwarze

Marcus Schwarze

Journalist und Berater Digitales. Angelernt, nie ausgelernt bei Behörden, F.A.Z., Reporterfabrik, EA RLP, StoryMachine, Morgenpost, Rhein-Zeitung, HAZ
Koblenz, Germany