Werbeempfehlungen nach dem Kontakt mit einem Support
So Werbeanzeigen im Internet sagen ja meist mehr über einen selbst als über die Webseite.
Nach einer 81-minütigen Odyssey durchs Kundenberateruniversum beim Internetanbieter;
nach zwei höflichen Mails im Januar und Februar und einer unhöflichen im März mitsamt hochgeladenen Kündigungsbestätigungen aus anno 2018;
nach einem 45-minütigen ähnlichen Vorkommnis namens Telefonat vor vier Wochen und nun
einem Ohrwurm „I am falling“ aus addierten 35 Minuten Warteschleife
habe ich jetzt den Beweis: Das Internet kann Gedanken lesen.
Der Beweis geht so, es ist alles ganz einfach und schon in fünf Sätzen erklärt.
Vodafone buchte mir seit Monaten irregulär weiterhin Geld für einen Zweitanschluss in Berlin ab, der längst gekündigt war, noch eine lange Laufzeit hatte und deswegen einen Umzug miterlebte. Da erlischt halt irgendwann die zweite Kundennummer, eine Vertragsnummer wandert wie von selbst ins verschlossene Archiv, die Annalen Berlins oder ins momentan nichteinreisefähige Ausland und steht dem Berater „Das ist ja merkwürdig“in Erfurt jedenfalls nicht mehr zur Verfügung, ihr kennt das.
Und bei der erstmaligen Bearbeitung meines Falls hatte halt der freundliche Kundenberater „So was habe ich noch nicht erlebt“ pfiffig wohl einfach eine neue Nummer für eine Ad-hoc-Neuvertrag-ad-hoc-Kündigung hinterlegt, sich aber bei der Jahreszahl vertippt oder gerade einen Coronakurs absolviert „Wie halte ich den Kunden bei der Stange, damit er garantiert noch mal anruft“.
Ihr kennt das.
Wenn man dann Wochen nach der dritten und Monate nach der ersten Kontaktaufnahme von der Kundenabteilung „Da schau ich doch gleich mal nach“ zur Kündigungsabteilung „Sagen Sie mir noch mal Ihre richtige Kundennummer“ weitergestellt wird, irrtümlich aber zunächst in der Bauabteilung „Sie sind hier völlig falsch“ landet, wegen des hohen Aufkommens jedes Mal zehn Minuten in der Warteschleife „I am falling“ verharrt, und dann wieder bei der Kundenabteilung „Was kann ich für Sie tun?“ neu in die Lehre geht;
wenn diese Kundenabwehrabteilung sich nach hinreichender Erläuterung des Unterschieds zwischen der Kontoabbuchungskundennummer und der eigentlichen Berlinvertragskundennummer unter Vermeidung der Koblenzprivatkundennummer als Neukundenabteilung „Da müssen Sie noch mal über die Zentrale gehen“ für unzuständig erklärt,
wenn man also allen geduldigen und sachverständigen Beteiligten den einfachen Sachverhalt seit Beginn der Erfindung des geschriebenen Worts unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltung von Customer-Journeys im unteren Teil des Kundenzufriedenheitsfunnels in zunehmend vereinfachenden Worten erklärt,
und der letzte Berater vor dem Sonnenuntergang „Darf ich sonst nach etwas für Sie tun, Herr Schwarz“ den Fall löst, nicht ohne auf die eigentlich nicht zulässigen Stornierungen der Lastschriften zu verweisen – dann bekommt man am Ende während der beschwingten Freizeitbetätigung „Ich daddel jetzt mal durchs Internet“ völlig unverschuldet das hier als Werbung angezeigt, ich schwöre:
Werbeempfehlung nach Kontakt mit einem Support.
P. S.: Seit ein paar Tagen klemmt die Löschen-Taste auf der sündhaft teuren Mac-Tastatur. Der freundliche Online-Service hat flugs Ersatz geschickt, auf dass ich die defekte Tastatur zurückschicke. Leider fehlte das Rücksendeetikett. Bei Apple heißt die Kundenabteilung „Support, mein Name ist Jonas“, und ein neues Rücksendeetikett kann der Support, mein Name ist Jonas, leider nicht verschicken. Ich möge mich übermorgen noch mal telefonisch melden, weil er jetzt ein Ticket „Aus Kulanz auf Rücksendung verzichten“ draus gemacht hat und ich dann erfragen möge, was daraus geworden ist.
Soeben wurden 149 Euro für die neue Tastatur abgebucht. Ihr kennt das.
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